Wie lieblich sind Deine Wohnungen – vom Gotteshaus zum Mietwohnhaus
Erinnerungen von Pfarrer i.R. Christian Maechler
Seit 125 Jahren ragt der hohe Backsteinturm der Lutherkirche über die Häuser der Spandauer Neustadt. Wie eine Glucke thront der rote Ziegelbau auf dem Lutherplatz, erbaut in Rekordzeit von 1894-96 als dreischiffige Hallenkirche im Stil der Neogotik nach Entwurf des Architekten Anton Eugen Fritsche. Sie bot 1100 Sitzplätze und 500 Stehplätze. Immerhin 32.000 Mitglieder besaß die Gemeinde damals.
70 Jahre später: zu groß, zu teuer
Um 1966 hat sich der Kiez verändert. In den Mietshäusern der Neustadt lebten muslimisch geprägte Zuwandererfamilien, die große Kirche ist der auf 4000 Mitglieder geschrumpften Gemeinde buchstäblich über den Kopf gewachsen: zu groß, zu teuer im Unterhalt.
1981 findet ein Architekturwettbewerb statt. Die Kirche soll ein Gotteshaus mit Gemeindezentrum werden. Der siegreiche Entwurf ist jedoch zu teuer, der Denkmalschutz gegen den Umbau.
1981 kommt Pfarrer Christian Mächler an die Lutherkirche. Zuvor hatte er zehn Jahre im Jugendgefängnis Plötzensee gearbeitet. Dann bekam er eine Stelle an der Thomaskirche in Berlin-Kreuzberg angeboten und eine weitere Pfarrstelle an der Lutherkirche in Spandau, mitten im „Türken- und Kurdenkiez“, wie es damals hieß.
Gespräch mit Pfarrer i.R. Christian Mächler im September 2021
Was hat Sie an der Lutherkirche fasziniert, als Sie 1981 dort anfingen?
Fasziniert hat mich an Luther, dass es eine lebendige Gemeinde gegeben hat, die sich um die Menschen im Stadtteil gekümmert hat. Mit verschiedenen Aktivitäten, offene Jugendarbeit oder auch der Versuch, andere Formen des Gottesdienstes zu finden. Der Schwerpunkt der Arbeit in der Gemeinde lag damals darin, die Kirche in irgendeiner Weise sinnvoll zu nutzen, denn sie war zu groß mit ihren 1500 Plätzen.
Im Gefängnis habe ich gelernt, mich um Randgruppen, Minderheiten, Leute zu kümmern, die es schwerer haben im Leben als andere. Vorher war ich sechs Jahre in England gewesen. Der Mut in England, offen mit alter Architektur umzugehen, Altes und Neues nebeneinander zu setzen, das hat mich geprägt.
Was war Ihr erster Eindruck der alten Kirche, als Sie dorthin kamen?
1896 war die Kirche geweiht worden, eine Riesenkirche, ein schöner Altar der Jahrhundertwende, die große hölzerne Kanzel, die heute noch da ist, aber nie genutzt wurde, höchstens, wenn die Kinder da mal Verstecken gespielt haben. Aber die Stimmung in der Kirche war düster durch die graue, nach dem Krieg eingesetzte neue Verglasung. Die Leute, ob sie zum Gottesdienst kamen, 50 oder 100 (damals), auf den Emporen nochmal 400 Plätze, die verloren sich in der Kirche, das war traurig. Und auch nicht zu verantworten, die Kirche zu benutzen im Winter, weil die Heizkosten so hoch waren. Die Gemeinde ist dann für die Gottesdienste ins Paul-Schneider-Haus gegangen. Wir haben dort in kleineren Räumen mit Gottesdienstformen experimentiert. Das war eine schöne Zeit.
Auf welche Situation trafen Sie 1981, welche Überlegungen gab es damals in der Luthergemeinde für die Nutzung der Kirche?
Ich habe damals festgestellt, dass es schon 1966 einen GKR-Beschluss gegeben hat, die Kirche umzubauen. Es gab auch einen Architektenwettbewerb, es sollten zusätzliche Emporen eingezogen werden, es sollte ein Raumprogramm entwickelt werden, um das Paul-Schneider-Haus aufzugeben als Gemeindezentrum. Auf den Emporen sollten Fotolabore und Jugendräume eingerichtet werden, unten im Kirchenschiff sollte das Gemeindebüro rein. Also, sehr mutige Vorstellungen. Der Mittelraum der Kirche sollte eine große Agora werden mit einer versenkbaren Wand umgeben, wo der Altarraum als Zentrum gestaltet werden sollte. Aber man hatte Sorge, dass der offene Raum von den Emporen aus mit Papierkugeln beworfen werden könnte. (schmunzelt)
Warum wurden diese Pläne nicht weiterverfolgt?
Es war ein sehr teures Projekt, keiner wollte mitmachen. Im Kirchenkreis hatten alle mit eigenen Gebäuden zu tun, die Kosten von 6-8 Mio. D-Mark wären an der Gemeinde hängengeblieben. Die Landeskirche hätte ein Minimum dazugegeben. So hat man sich allmählich von dem Konzept verabschiedet.
Wie ging es dann weiter?
Als ich 1981 kam, lag dieses Projekt im Sterben. Und dann haben wir die Vorstellungen weiterentwickelt, es war immer ein Interesse der Kirche und der Gemeindegruppen, die Kirche weiter zu nutzen.
Ich habe da gern mitgemacht, andere Pfarrer waren nicht so interessiert. Hinten in der Kirche war so ein kleiner Tisch, da hat man Gottesdienst gefeiert, den Kollegen war nicht so wichtig, wie so etwas aussieht. Das Konzept, das Gemeindehaus in die Kirche hineinzubauen, war gescheitert.
Nach welchen Alternativen haben Sie dann gesucht?
Mit Aktiven vom GKR sind wir zunächst herumgezogen und haben versucht, das alte Modell anzupreisen. Dann merkten wir, das geht nicht, auch wegen der Kosten. Anfang 1982/83 haben wir das Konzept begraben und neu überlegt, was können wir mit der Kirche machen. Es war die Zeit der großen Diskussionen über die Umnutzung der Kirchen. Der Denkmalschutz war immer für den Erhalt, hat aber nie einen Pfennig locker gemacht, um das zu unterstützen. Wir haben dann Kontakt aufgenommen zur obersten Denkmalbehörde, zu Landeskonservator Prof. Helmut Engel. Er hat uns dann eingeladen, zusammen mit dem Architekten Dieter Ketterer (Frau Ketterer war aktives Gemeindemitglied im GKR). Bei zwei Flaschen Wein bei Ketterers hat Landeskonservator Engel ein Konzept entwickelt, immer mit einem Filzstift so auf dem Grundriss rumgemalt, wie er sich das vorstellen könnte. Und hat dann gesagt: Wohnen in der Kirche könnte ein Konzept sein. Also, es war die klare Verabschiedung von dem Gemeindekonzept. Das Paul-Schneider-Haus sollte dann auch erstmal erhalten bleiben.
Wie wurde der Architekt gewonnen und wie ist er das Projekt angegangen? Und wie wurde es von der Gemeinde begleitet?
Ketterer hat Spaß daran gehabt. Er war spezialisiert auf Krankenhaus-Umbauten, hat sich aber gern um die Kirche gekümmert, weil es auch seine Kirche war. Als Pfarrer blieb mir immer die Rolle, anzustoßen und zu schieben und nachzufragen und mit ein bisschen Fantasie Leute auch zu ermutigen.
Sowie bekannt wurde, dass dieses Projekt weiterentwickelt werden sollte, gab es jedoch Gegenwind. Ich erinnere mich an Tagungen, wo wir als Kirche und auch der Landeskonservator zerrissen wurden, in der Kirche selber. Das war keine leichte Zeit.
Welche Argumente wurden gegen diesen Plan ins Feld geführt?
Wohnungen in die Kirche zu bauen, den Gottesraum zu verändern und zu verkleinern war eigentlich nicht denkbar. Man wollte das Alte erhalten. Die Kirche hatte einen großen Kriegsschaden gehabt mit Wassereinbrüchen, die Fenster waren nicht mehr bunt verglast, es war alles etwas lieblos gemacht. Es gab auch Stadtteilinitiativen, die versucht haben, die Kirche für sich zu nutzen.
Und wir sind dann losgezogen mit unseren Argumenten und haben provoziert. Es gab so eine Zwischenzeit, bevor das mit Engel richtig losging, da haben wir mit der Landeskirche verhandelt. Unser Angebot ging bis zum Verkauf der Kirche. Wir haben gesagt, die Alternative Liste (Vorläufer der Partei Die Grünen) könnte da ein Zentrum haben, die wollten dann aber nicht, die suchten ein Zentrum für ihre Arbeit in Berlin. Dann haben wir gesagt, machen wir ein Schwimmbad daraus. In der Zeit war gerade in Moskau die alte deutsche Kirche zu einem Schwimmbad umgebaut worden, die ist zurückgebaut worden, das gab es also schon mal. Die Emporen, da sollte ein Sprungturm rein. Wir haben gesagt: Die Kirche abreißen oder verkaufen. Wir haben also hoch gepokert und als Gemeinde, als GKR, immer neue Ideen entwickelt, wie man die Öffentlichkeit auch ein bisschen verschrecken könnte, sage ich mal.
Wie ging das mit dem Projekt „Wohnen in der Kirche“ dann weiter, für wen sollten die Wohnungen sein?
Sowie klar war, dass Wohnungen eingebaut werden sollen, hat Gemeinde geguckt, was ist im Stadtteil nötig und haben nach Fördermaßnahmen geguckt. Da sind wir sofort auf die Förderung für WBS mit Vorrang gekommen, weil das Alleinstehende, -erziehende, Behinderte bevorzugen würde. Das haben wir mit der Treuhand, die sich um die Wohnungen kümmern würde, ausgehandelt. Keine Schicki-Micki-Wohnungen, in der Kirche zu wohnen ist vielleicht am Prenzlauer Berg was Tolles aber nicht in der Spandauer Neustadt.
Welche Vorgaben hat die Denkmalpflege gemacht und wie hat der Architekt diese umgesetzt?
Das Haupthindernis oder die Verteuerung des Projekts durch den Denkmalschutz bewirkte die Auflage der Reversibilität. Alles musste jederzeit rückbaufähig sein. Was es kosten würde, danach hat keiner gefragt. Wenn Sie sich die Wohnungen heute angucken: Sie gehen in der ersten Etage, in der unteren Reihe, da haben Sie eine Stufe drin in der Wohnung, weil Sie über die alte Brüstung der Emporen gehen müssen. Es durfte nicht eingeschnitten werden, es musste alles umbaut werden. Wenn Sie ganz oben sind, haben Sie die alten Gewölbestruktur in den Wohnungen. Es ist schon etwas Schönes, überall in den Wohnungen entdecken Sie Teile der alten Kirche. Architektonisch ist das reizvoll, aber als Gemeinde haben wir immer Wert darauf gelegt, dass die Mietpreise erschwinglich bleiben und Leute da einziehen können, die sonst Schwierigkeiten haben, Wohnraum zu finden.
Die Menschen, die da wohnen - der Denkmalpfleger hatte das Vorbild eines alten Klosters im Kopf: Beten, Wohnen, Arbeiten unter einem Dach. Uns war wichtig, dass wir als Gemeinde mit den Bewohnern eine Art Solidarität entwickeln und die einladen als Gemeinde, dass wir uns um sie kümmern, ihre Situation ernst nehmen und uns mit ihnen zusammentun, um sie zu integrieren. Eine Idee war ja, einen Treffpunkt in der alten Ehrenhalle zu machen, der für die Bewohner auch nutzbar ist. Das ist der Luthertreff. Diese Idee ist später gestorben, die Gemeinde wollte das dann später vermieten, das bringt Geld.
Welche Vorstellungen gab es für den neuen Gottesdienstraum im letzten Drittel des Kirchenschiffs und dem Chor?
Der alte Altar - Viele wollten, dass er drin bleibt. Er nahm fast die Hälfte des Mosaikbodens im Chorraum ein. Der Vorsitzende des Baurates schlug vor, den Altar in die Melanchthonkirche zu versetzen. Das war toll und gab uns eine neue Chance, den Gottesdienstraum multifunktional zu nutzen.
Ursprünglich war an einen Zentralaltar gedacht mit Stühlen drumherum, das Andreaskreuz war als Grundriss Vorbild für den Architekten. Oben, der große Leuchter, sollte an eine mittelalterliche Kirche erinnern. Für die Bestuhlung wollten wir keine festen Sitzplätze, keine Reihen. Wir behielten einige der alten Kirchbänke, die stehen heute noch am Rand des Gottesdienstraums. Wir wollten einfach flexibel werden.
Diese Ideen kamen aus der Zeit der Gottesdienstreformen der 1970er/80er Jahre. Da hat man versucht, veränderte Formen zu finden, wie Menschen miteinander kommunizieren, essen, tanzen, alle diese Möglichkeiten wollten wir in einem freien Raum umsetzen, einfach die Stühle beiseite schieben, dann konnte man tanzen.
1994-1997 wurde die Lutherkirche umgebaut. Wie wurde der neue Gottesdienstraum von der Gemeinde angenommen?
Diejenigen, die den Prozess mitverfolgt haben, waren hocherfreut: Das ist das, was wir uns vorgestellt haben! Der Architekt ist auch immer wieder auf die Wünsche eingegangen, wenn Veränderungen oder Beleuchtungsfragen oder so was diskutiert worden, war eine Gemeindegruppe mit ihm im Gespräch. Diejenigen, die einmal im Leben oder zu Weihnachten betreten haben, haben gesagt: Was habt Ihr aus unserer schönen alten Kirche gemacht? Die sehnten sich nach der großen Hallenkirche, dem Ehrwürdigen, was Viele in großen Kirchen erfreut. Dass diese großen Kirchen unpraktisch sind für kleiner werdende Gemeinden, haben sie nicht bedacht.
Es hat einen Umdenkungs- und Erfahrungsprozess gegeben, dass Menschen, die erst gesagt haben, nee, da gehe ich nie wieder hin, gemerkt haben, da ist Leben in der Bude plötzlich, da kann man miteinander Gottesdienst feiern. In diesem neuen Raum gibt es genügend Möglichkeiten zur Meditation, das Sakrale kommt durchaus zur Geltung. Der Raum ist kein Tummelplatz für Leute, die etwas ausprobieren wollen, es gab schon immer den Versuch, Struktur in den Raum hineinzubringen. Das hat Menschen erfreut, dass dieser Raum lebendig genutzt werden konnte.
Im neuen Kirchenraum sind ja Elemente der alten Kirche erhalten geblieben, sozusagen als Erinnerungsinseln. Wie kam es dazu?
Das ist entwickelt worden im Zuge des Planungsprozesses. Da stellten sich die Fragen: Was machen wir mit der Kanzel, was mit dem alten Fußboden, wenn wir die Fußböden anheben, wenn wir den alten Mosaikboden bewahren wollen, da hätte man keine Fußbodenheizung darunterlegen können, das hätte man alles aufnehmen müssen, das Mosaik hätte Schaden genommen. So hat man einen Teil des Bodens belassen und im Rest der Kirche eine Fußbodenheizung eingebaut. Es sind also Kompromisse entstanden, aber die entscheidenden Fragen sind gemeinsam gelöst worden. Da hat nicht der Architekt gesagt, das machen wir so und so, das war ein Miteinander, immer.
Worin bestanden die größten Hindernisse in der letzten Phase vor dem Umbau?
Es gab Probleme, man merkte plötzlich, dass die Mittel nicht reichen, war eine Aufteilung der Kosten zwischen der Treuhandgesellschaft, diesem Immobilienfond, die für die Wohnungen zuständig sein sollten und gesagt haben, wir übernehmen die Kosten der Wohnungen aber nur mit Förderung der Stadt Berlin. Das war eine wichtige Voraussetzung. Und dieses Miteinander von Kirche und Wohnungsgesellschaft musste erarbeitet werden. Es mussten Verträge abgeschlossen werden, Juristen wurden beschäftigt, wie man so was löst, da mussten Kosten geteilt werden, die Frage war z.B., wer für Kosten aufkommt, wenn etwas kaputt geht.
Es gab eine große Krise, als sich herausstellte, dass die Kirche, die damals 2 Mio. D-Mark angesetzt hatte für ihren Teil, plötzlich 3 Mio. D-Mark aufbringen sollte. Da mussten wir innerhalb von 14 Tagen eine Million finden. Fragen Sie nicht - das waren schlaflose Nächte, wir haben sie dann gefunden, ein Kredit.
Auch die Landeskirche hat nochmal gesagt, wir wollen, dass das Projekt umgesetzt wird und gab einen größeren Teil der Summe dazu.
Es gab aber auch Gegner, es gab Vertreter innerhalb des Pfarrkollegiums, die gesagt haben, wir brauchen eine große Kirche für Veranstaltungen, je größer die Kirche desto mehr Leute kommen rein. Aber die Gruppe, die für den Umbau war, hat sich am Ende durchgesetzt.
1997 wurde die umgebaute Kirche neu geweiht. Wie hat sich die neue Nutzung im Gebrauch entwickelt? Wie wurde der neue Gottesdienstraum von der Gemeinde und den Mitarbeitenden angenommen, welche neue Inspiration zogen sie daraus?
Alle Mitarbeiter, haupt- und ehrenamtliche, haben Lust und den Spaß gehabt, zu experimentieren: Können wir es nicht so machen, dann kam plötzlich die Mitarbeiterin der Seniorenarbeit mit der Idee, können wir da nicht die Weihnachtsfeier machen. Um Gottes Willen mit Weihnachtspunsch, so kamen die Gegner. Das wurde dann aber umgesetzt. Es gab Konzerte, nicht nur klassische, es fanden Rockkonzerte statt, es spielten plötzlich Bands in der Kirche. Die Akustik war ein bisschen schwierig, weil die Kirche höher ist als sie es in der Tiefe ist, aber es hat Allen in den ersten Jahren Spaß gemacht. Was ein bisschen auf der Strecke geblieben ist, war das Paul-Schneider-Haus. Aber heute ist das ja zum Glück in trocknen Tüchern.
2015 wurde die neue Orgel geweiht, ein Instrument der saarländischen Orgelbaufirma Hugo Mayer. Den Prospekt, also die Ansicht, hat ebenfalls der Architekt Dieter Ketterer entworfen, eine sehr geometrische, moderne Struktur mit metallisch glänzenden Pfeifen und Streben und roten Holzelementen. Wie fügt sich das neue Instrument in den Raum, glauben Sie?
Ich war immer im Orgelverein. Es gehörte immer zum Konzept des Umbaus, eine Orgel einzubauen. Das steht in allen Planungsunterlagen. Nur, die 100.000 Euro, die das kosten sollte, brauchten wir an anderen Stellen. Also haben wir das aufgeschoben. Aus dem Orgelverein wurde ein Förderverein, da wurde daran weiter gearbeitet. Das zog sich über Jahrzehnte hin.
Als ich die neue Orgel zum ersten Mal gesehen habe, fand ich sie zu groß und zu beherrschend. Aber ich bin versöhnt durch den Klang, durch die Möglichkeiten, die sie bietet. Und ich beobachte jetzt aus der Ferne - dem Ruhestand - , wie mit der Orgel auch experimentiert wird und das Instrument die Leute angelockt.
Hat sich der neue Gottesdienstraum bewährt aus Ihrer Sicht?
Ich als Pfarrer war immer froh, dass ich ohne Mikrofon predigen konnte. Die Akustik hat es hergegeben, dass man im Kammerton miteinander kommunizierte. Das galt auch für Gesprächskonzerte. Ich habe mich immer wohl gefühlt, auch, weil man was verschieben konnte, der Andachtsraum war nicht statisch. Dieser Raum ermöglicht eine Dynamik im Gegensatz zu vielen Kirchen, wo man immer am selben Ort stehen oder sitzen muss, eine Flexibilität, die hat immer funktioniert.
Würden Sie sagen, dieses offene Konzept ist gelungen?
Ja, mit ein paar Einschränkungen. Das Gemeindebüro ist jetzt auch unter dem Dach der Lutherkirche. Man sagt nicht, ich gehe zum Gottesdienst sondern ich gehe zur Kirche, wenn man eine Patenbescheinigung abholen will oder ein paar Euros bezahlen muss. Die Mitarbeiter trafen sich plötzlich in der Kirche, der Kirchenmusiker verzog sich dann in sein die Sakristei hinter dem Altar, aber es waren alle da. Man hatte Mitarbeiterbesprechungen im Luthertreff, ich weiß nicht wie das heute ist. Aber wenn ich hinkomme, fühle ich mich nach wie vor wohl und fühle mich zu Hause. Auch im Luthertreff, der viel zu klein ist, für Vorträge Kammerkonzerte usw., aber er wird genutzt, das ist schön.
Die Fragen stellte Sigrid Hoff, Mitglied im Gemeindekirchenrat der Luther-Kirchengemeinde